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Hilfe, das überlebe ich nicht

Es war die Zeit, als ich Soldat und in Essen-Kupferdreh stationiert war. Als Gefreiter in einer Lufwaffeneinheit, die mit Flugabwehrkanonen, kurz Flak, ausgerüstet war.

Unsere Einheit hatte 3 Bofors L 40, ein mobiles Geschütz, das man manuell bedienen, oder über ein Radargerät steuern konnte. Also gehörten Stromerzeuger für die manuelle Bedienung und Radargeräte, alles mit dicken Stromkabeln verbunden, zu unserem Gepäck, die wir auf eine vierwöchige Feldübung mitzuschleppen hatten. Natürlich alles auf riesigen Lastern.

Diese fand am am Kleinen Ging statt, einem Ort, nahe bei Oldenburg. Diese Manöver, mitten auf einem Acker, untergebracht in einem winzigen Zwei-Mann-Zelt, waren für mich die Hölle. Dort war man, wie die berühmten Heringe in Öl in einer Dose eingezwängt. Wir hatten ja auf den ein Mal zwei Metern auch noch unser Marschgepäck unterzubringen. Der First des Minizeltes war gerade mal ein Meter hoch. Wie man da überleben sollte, bei Regen, Sturm und Kälte, war mir schon ohne Feindberührung schleierhaft. An einen Ernstfall wollte ich da erst gar nicht denken.

Von Beruf war ich Elektriker. Daher glaubte ich, mit meinem Wissen um das Ohmsche Gesetz, am Radarbereich am besten aufgehoben zu sein. Zudem saß man am Radar im Trockenen, denn dies war in einem Zelt, das größer war als unser Schlafzelt. Der Kanonier aber saß ungeschützt, Wind und Wetter ausgeliefert, auf seinem Geschütz. Soweit, so gut.

Nachtalarm! Zwei Uhr früh mussten wir uns, bei strömenden Regen aus dem Eierschalenzelt herausquälen. Schlaftrunken fuhr ich in meine feuchten Stiefel, schlüpfte in meine klamme Kampfjacke, stülpte mir den Stahlhelm auf und stolperte durch den Schlamm ins Radarzelt. Beim Ankleiden kam ich immer mit meinem Mitbewohner ins Gehege, der sich auch kampfbereit machen musste. Jede Sekunde zählte bei einem Alarm. Klar. Der Feind war im Anflug. Daher raste auch mein Kumpel zu seinem Geschütz, nahm Platz auf seiner Kanone und schaltete die Stromzufuhr ein. Das hatte wirklich nichts von der Romantik des normalen Campen an sich. Vorzugsweise im trockenen Süden. Das war einfach nur S…, äh eine Übung halt.

Ärgerlich war, dass wir jede Nacht durch Alarm geweckt wurden, um 2 Stunden hinter den Geräten zu sitzen, ohne dass auch nur ein Flugangriff stattgefunden hätte. So ging das jetzt schon seit 3 Wochen. Das zermürbte die Moral. Machte nicht unbedingt aufmerksamer. Daher döste ich auch in dieser Nacht vor dem Radarschirm vor mich hin. Voller Ärger, ja fast Wut, über diesen erneuten, unsinnigen Einsatz.

Der Radarstrahl zog seine Kreise und nichts war zu sehen. Scheiße, dachte ich und fluchte leise vor sich hin. Alle 5 Minuten gab ich durch, dass alles ruhig wäre. Nur das und mein Ärger hielten mich einigermaßen wach. Aber was war denn das? Ich hatte plötzlich ein Fluggerät auf meinem kleinen, grünen Bildschirm. Ich blinzelte kurz, versuchte die vermeintliche optische Täuschung zu verscheuchen. Nein, da war und blieb ein Objekt. Flughöhe 12.000 Meter konnte ich auf der Einteilung meines Radars erkennen. Auf einmal war ich elektrifiziert. Fuhr auf meinem Sitz in die Höhe. Spürte wie mir das Adrenalin durch den Körper schoss und mich hellwach machte. Verdammt! Wir wurden angegriffen.

Natürlich musste ich das sofort an unseren Zugführer durchgeben. Das war meine Aufgabe. Vor lauter Aufregung verschluckte ich mich, als ich das durchgeben wollte. Dann schrie ich, als hätte ich kein Funkgerät: „Feindliches Flugobjekt in 12.000 Meter aus Ost!“

“ Roger.“, hörte ich den Zugführer auf der anderen Seite des Äthers. Cool, als käme das jede Nacht vor. Ich begann vor Aufregung zu schwitzen, denn meine Aufgabe war es nun, jede Veränderung der Höhe des Flugobjektes durchzugeben. Der Zugführer entschied über Abschuss, oder nicht.

„11 500… 11.000.“, gab ich durch. Es war ein Canberrabomber. Eine ziemlich lahme Ente, die mit vielleicht 500 km/h Geschwindigkeit auf uns zu kam. Das Objekt befand sich jetzt im leichten Sinkflug.

Plötzlich wurde aus der lahmen Ente jedoch eine schnellere, denn der Bomber sank nicht nur schneller, sondern schien auch an Geschwindigkeit zuzulegen.

„10.500… 9.500… 8.500… 7.000… 5.000…“, gab ich durch.

Es ging immer schneller einmal was die Entfernung anging und dann die Höhe. „Der scheint richtig herunter kommen zu wollen.“, dachte ich bei mir. Mir wurde immer unwohler. So langsam der Typ auf uns zukam, um so mehr hatte ich Zeit zu überlegen. Er stürzte immer tiefer. Bei 4.000 Metern erstarrte ich langsam. Was hatte der denn vor? Hier ist doch gar keine Landebahn.

Ich kam gerade noch mit meinen Meldungen hinterher. Bei 3.000…, 2.000 Metern bekam ich vor Scheck einen trockenen Mund, fast musste ich mich wiederholen.

„Der Kerl ist doch viel zu schwerfällig, um die Mühle wieder hoch zu ziehen!“, dachte ich nun. „Wenn das so weitergeht stürzt der Bomber bei uns ab.“

Meine rechte Hand, die das kleine Rad bewegte, mit dem der Unterschied zwischen dem Flugobjekt und unserer Stellung und dem Winkel dazu anzeigte, begann zu zittern.

Bei 1.000 Metern, hatte ich, trotz der nächtlichen Kälte die mich umgab, einen Schweißausbruch. Bei 500 Meter sah ich mich bereits in einem Bombentrichter liegen. Zerfetzt, aufgelöst in unendlich viele kleine Teile. Unauffindbar.

Wahrscheinlich war das eine Art Panikattacke. Durch die Übermüdung der ständigen Nachteinsätze, gaukelte mir mein Hirn apokalyptische Bilder vor, die mich völlig außer Gefecht setzten. Ich konnte keine Meldung mehr abgeben. In völliger Erstarrung saß ich vor dem grün schimmernden Plasma und starrte auf das feindliche Objekt, wie die Maus auf die Schlange. So bekam ich gar nicht mit, wie sich mein heller Punkt plötzlich entfernte und wieder langsam an Höhe gewann.

Zum Glück hatte nur mein Unteroffizier, der mich am Radargerät einzuweisen hatte mein Verhalten mitbekommen. „Mein Gott, warum haben sie denn die Meldungen aufgegeben?“, schnauzte er mich an. „Wie soll denn unser Zugführer ohne Meldung rechtzeitig schießen? Das wäre ganz schön in die Hose gegangen, ob der den im Ernstfall runtergeholt hätte, bezweifle ich.“

Bevor mir das so richtig peinlich werden konnte kam jedoch der Zugführer aus seinem Teil des Zeltes und verkündete stolz: „Den hätten wir aber abgeschossen, bevor der uns bombardiert hätte.“

Er erklärte mir dann, dass er mit den Kanonen schon gefeuert hatte, als ich noch Meldungen durchgeben hatte. Im Ernstfall wäre der Bomber gar nicht mehr auf meinem Bildschirm gewesen, weil der Treffer ihn heruntergeholt hätte.

Wie hätte ich das wissen sollen? Durchgeschwitzt, bis auf auf die Knochen, stand ich da und dachte: „Schwein gehabt!“

Vielleicht war dieses Erlebnis ausschlaggebend, warum ich später dann doch als Geschützführer auf der Kanone gelandet n und kein Radarspezialist geworden bin.

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