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Der gerissene Gaszug

Teil 2 Freizeit der Schutzhilfe, Marseille

Nach mehreren Stunden Stadtbummel, den fast niemand enttäuscht hatte und einem McDonalds Besuch, gings mit klopfendem Herzen zurück zum Parkhaus, in dem unser luftabgelassener VW-Bus stand.

Der Bus fuhr sich ganz weich, was bei mir ein ungutes Gefühl verursachte. Nicht nur wegen einer etwaigen Polizeikontrolle, sondern vor allem wegen der Sicherheit. Daher war ich heilfroh bald eine Tankstelle zu finden, an der wir Luft tanken konnten.

Die Freude dauerte nicht lange und schon wieder hatten wir Stress. Am Campingplatz angekommen, von den anderen Leuten unserer Mannschaft leidenschaftlich begrüßt, rollte unser Bus weiter, ohne dass das Gaspedal reagierte. Aus die Maus! Jetzt stand der Bus am Parkplatz des Campingplatzes. Wir aber mussten am nächsten Tage weiter fahren, denn unser Ziel war Korsika.

Nach dem Abendessen schaute mein Kollege und ich, was mit dem Bus los war. Mir fehlte der Ausdruck, der uns in Sinn kam, als wir feststellten, warum der Bus nicht mehr fahrbereit war. Der Gaszug war abgerissen. Und nun?

Krisenmanagement war angesagt, schließlich fuhr gegen 20:00 Uhr am nächsten Tag unsere Fähre nach Korsika. Wenn wir diese nicht erreichten, wäre die Freizeit beendet gewesen, bevor sie richtig begonnen hatte.

In aller Frühe waren mein Kollege und ich beim Platzwart im Büro, wo es tatsächlich einen Mitarbeiter gab der deutsch sprach. Das war für den weiteren Ablauf sehr, sehr vorteilhaft. Ohne ihn wären wir aufgeschmissen gewesen.

Der Dolmetscher fand tatsächlich eine Werkstatt, die einen Original VW Gaszug bestellen und gegen 15 Uhr einbauen konnte.

Um unsere Mannschaft zu beschäftigen, fuhr mein Kollege diese in zwei Fuhren nach Cassis, da wir wussten, nur dort ist Baden möglich. Das Wasser an den wenigen Stränden von Marseille, war uns nicht sauber genug.

Aber wie sollte ich den defekten VW Bus in die Werkstatt bringen, die am anderen Ende dieser Großstadt lag? Ich konnte ja kein Gas geben. Da war Phantasie und Technik gefragt. Beides hatte der junge Mann vom Campingplatz, der für uns dolmetschte. Mit ihm brachten wir es fertig, das neue Abschleppseil des Busses, über den Dachgepäckträger, mit dem Gaszuganfang zu verbinden. Ein wahres Kunstwerk technischer Schöpfung. Somit konnte der Beifahrer (!!!) am Abschleppseil, aus seinem Seitenfenster heraus, Gas geben. Es war genauso abenteuerlich, wie es sich liest.

Zunächst probierten wir diese seltsame Konstruktion auf dem Campingplatz aus. Es klappte einigermaßen. Vorausgesetzt, die Kommunikation zwischen Fahrer und Beifahrer klappte. Also zwischen mir und dem jungen Mann. Denn ich gab an, wann und wieviel Gas ich brauchte und er navigierte am Abschleppseil.

Vor allem aber durften wir auf keine Polizei treffen. Die hätte mich, zusammen mit dem VW Bus, sofort eingesperrt. Auch das hätte die Freizeit der Schutzhilfe beendet.   

Das war vielleicht eine Fahrt. Auf mein Kommando zog mein junger Beifahrer am Seil und ersetzte somit meinen Fuß am Gaspedal.  Der Alluminiumdachgepäckträger war ein Original von VW. Er war äußerst flach und glatt, so dass das Seil sich gut bewegen ließ.

Mit diesem Gas Zug „alla Schutzhilfe“, fuhren wir quer durch Marseille, was uns den letzten Nerv raubte, fuhren doch die Franzosen, wie gestört, kreuz und quer, von der einen Fahrbahn, auf die andere. Der typische, französische Fahrstil eben; hupen und einfach rüber fahren, wie es einem gerade einfällt.

Einmal streikte unser patentierter Schutzhilfe-Gaszug. Mitten in einem der mehrspurigen Kreisverkehre und ich dachte schon, nun wäre es aus. Irgend etwas hatte sich am Motorblock verhakt. Zwei Schutzhilfejugendliche, die mit uns fuhren und mein junger Beifahrer mussten aussteigen und uns an den Straßenrand schieben. Das gab ein Tohuwabohu. 

Alle vier waren wir hinterher durchgeschwitzt, ob aus der Situation heraus, oder wegen der wilden Huperei der Franzosen, weiß ich nicht mehr zu sagen. Wahrscheinlich beides.

Es gelang uns die abenteuerliche Konstruktion wieder hin zu bekommen und ohne Polizei durch die ungemein befahrene Großstadt zu chauffieren.

Dennoch war ich heilfroh, als wir glücklich in der Werkstatt ankamen.

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Das Weihnachtsbild

Weihnachten war für unsere Familie schon stressig, bevor die Feiertage begannen und ihren Tribut forderten.

Meine Frau und ich wollten schon immer eine große Familie. Was mich anging, hatte ich keine Ahnung, was das in der Realität heißen würde. Meine Frau jedoch, hatte sieben Geschwister und damit mehr Erfahrung. Allerdings nur, mit Schwestern und Brüder, nicht in der Rolle als Eltern. Obwohl, also beide unerfahren, in Bezug auf das Führen einer Großfamilie, entschieden wir uns für den Trubel und viel Familie.

Obwohl dies schon in unserer Zeit ungewöhnlich geworden war. Manche Mitmenschen fanden es nicht so toll. Bei einem Spaziergang hörte meine Frau gar die Bemerkung einer anderen Frau: „Diese Itaker, mit ihrem Stall voll Kinder! Muss das denn sein?“ Dies drückte die damalige Einstellung in der beginnenden Wohlstandsgesellschaft gut aus.

Wie man uns in dieser Kategorie einordnete, war mir absolut schleierhaft, aber zurück zum Weihnachtsbild.

Sechs Kinder, vier Schwiegertöchter/söhne und zwei Enkel harrten einmal wieder Weihnachten entgegen. Dass wir so toll einen auf Familie machten, sollte alle Welt sehen und wie ging das am besten in den achtziger Jahren?

Richtig, eine Weihnachtskarte. Mit einem Familienfoto, die wir jedes Jahr an möglichst viele Bekannte, Verwandte und Kollegen sandten. Alle sollten sehen, mit welcher  Prachtfamilie sie verbunden waren. Hört sich ganz einfach an, oder?

Man nehme einen Fotoapparat, ein Stativ, alle stellen sich davor, das Bild im Kasten und ab zu der Firma geschickt, welche dann das fertige Produkt verschickte. Die Kuverts waren dabei,  Adresse, Absender, Briefmarke und alle freuten sich über den Anblick einer glücklichen Familie auf der Weihnachtskarte.

Aber so einfach lief das selbstverständlich nicht ab. Die Herausforderung fing schon bei dem Finden eines Fototermins an. Wie bekommt man es terminlich hin, wenn fünf Haushalte betroffen sind, neun Mitglieder der Familie verschiedene Arbeitgeber und somit entsprechend unterschiedliche Arbeitszeiten hatten. Zudem war nicht jeder der Teilnehmer begeistert davon. Hielt es gar für „Unsinn“.

Mehrere Termine wurden ins Auge gefasst. Kurzfristig wieder verworfen, weil einer, oder gar weitere unerwartet aus den verschiedensten Gründen heraus nicht konnten? Manchmal war es so, dass alle schon die Aufstellung für den großen Augenblick probten und der Fehlende plötzlich anrief, um abzusagen. Was war das dann für eine Diskussion, ob das Bild auch ohne das Familienmitglied gemacht werden sollte, oder nicht. Wobei der Absagende, manchmal froh gewesen wäre, wenn das Foto ohne ihn zustande gekommen wäre. Man könne ja ein separates Bild von ihm der Karte beifügen, wenn es denn sein musste. Die digitale Fotografie und das Programm Photoshop waren noch nicht erfunden. Also ein einfügen im nachhinein war damals noch nicht möglich.

Meine Frau war jedoch der Meinung, alle, oder keiner. Die Karte, nach dem ganzen Theater, ersatzlos streichen, nein und nochmal nein. Also: verschieben, neuer Anlauf.

Obwohl mehre in der Familie es kaum glauben konnte, das Wunder geschah und alle, nebst dem Border Collie „Franky“, fanden sich in unserem Wohnzimmer zusammen. Die Regie übernahm ich, doch die Protagonisten wollten sich einfach nicht fügen, vor dem großen Fenster zum Garten hin, vor dem zugezogenen Vorhang zum Esszimmer, um die Couchgarnitur gruppiert, oder vor der imposanten dunklen Bücherwand?

Die Mehrheit stimmte schließlich für die Bücherwand.

Aufstellung davor, der Zeit Auslöser und fertig?

Nein, wo war der Hund geblieben?

Aus dem Gang geholt, wo er seine Futterschüssel weit interessanter fand, als das blöde Getue im Wohnzimmer, vor die drei Kleinsten gesetzt, die das Bild nach vorne abgrenzten, wo er von der jüngsten Tochter zwischen die Beine genommen wurde.

Der Einwand, so komme er doch gar nicht aufs Bild, hatte zur Folge, dass ich erneut durch den Sucher des Fotos lugte und tatsächlich Franky war nicht zu sehen, er war nach unten abgerutscht. Erneut ein Bild, da hielt es der Hund nicht mehr vor der Tochter sitzend, aus und wieder war er weg.

Neuer Anlauf, Frauchen von Franky, meine älteste Tochter, nahm ihren Hund auf den Arm und so konnte er nicht mehr entwischen.

Durch das Blitzlicht hatten einige von uns die Augen zugemacht. Wieder nichts. Erneuter Anlauf.

Das Telefon klingelte und ich erwartete eigentlich einen dringenden Anruf vom Dienst, eine verschwundene Jugendliche, die ich ambulant betreute, wollte sich nach einer Mitteilung eines anderen, von mir betreuten Jugendlichen, melden wo sie sich aufhielt, also schnell mal ans Telefon, bevor die junge Dame wieder auflegte.

Die wievielte Unterbrechung das war weiß ich gar nicht mehr, nur dass mein ältester Sohn die Schnauze voll hatte und ankündigte er gehe jetzt. Die Nerven lagen blank. Ich sprach mit der Jugendlichen, die sich aus einer Bar heraus meldete und durchgab, wo ich sie abholen konnte. Dennoch hörte ich mit dem anderen Ohr den Aufruhr in meiner Familie, bei der die Frau vom „Ältesten“ alles aufbot, um zu verhindern, dass ihr Mann „sich vom Acker“ machte, wie sie sich ausdrückte. Ihre Bemühungen, vom Rest der Familie unterstützt, hatte Erfolg, so dass er für einen weiteren Versuch zur Verfügung stand. Endlich das Foto war im Kasten.

Was für ein Wunder, das Bild war fertig, alles gut oder?

Als die Karten, kurz vor Weihnachten eintrafen, sahen wir erst die Bescherung. Im linken Teil des Fotos war noch reichlich Platz. Niemand stand, oder saß dort. Der kleinste Enkel unterhielt sich, so sah es jedenfalls auf dem Bild aus, mit seiner Oma. Die kleinste Tochter, neben ihm stehend, hatte die Augen zu. Die Schwester des „Omakuckers“ schaute Franky, den Hund an. Der älteste Sohn, konnte sich nicht zu einem freundlichen Blick durchringen  und der zweitälteste Sohn, mit Frau, war an den rechten Rand gequetscht, gerade noch so erkennbar.

Das war das Ergebnis unserer jährlichen, aufwändigen Familiengeschichte.

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Der richtige Reifendruck…

Auf dem Weg nach Korsika, zu einer zweiwöchigen Freizeit der Schutzhilfe, machten wir zwei Tage Halt in Marseille. Mit 14 pubertären Jugendlichen, in zwei VW Bussen, auf Tour zu sein, ist nicht nur aufregend, sondern richtig stressig. Da brauchten wir eine Pause. Auf einem städtischen Campingplatz, am Rande dieser riesigen Hafenstadt.

Die Nacht waren wir durchgefahren und bauten früh morgens zwei Zelte auf. Provisorisch, für eine Nacht. Aber nicht zum schlafen, sondern es ging gleich weiter. Auf Erkundungstour.

Mein Kollege fuhr mit acht Jugendlichen in die Camargue. Ich in die Stadtmitte von Marseille, um das Hafenambiente, die pulsierende Ader der französischen Riviera, zu erleben. Die Suche nach einem Parkhaus, war nicht einfach. Wen wunderte es? Wahrscheinlich hatten tausende Touristen die gleich Idee, wie wir.

Doch da wurden wir fündig. Endlich. Also, nichts wie rein ins Parkhaus. Aber, was war das denn? Ein furchtbarer Krach ließ mich aufs Bremspedal treten. Vollbremsung, der Bus stand und meine Bus-Mannschaft grölte. Sie waren immer für einen Spaß zu haben. Aber es war kein Spaß, was folgte.

Ich schälte mich aus dem Fahrersitz und dachte mich tritt ein Pferd. Der Bus war zwischen Boden und Decke des Parkhauses regelrecht eingekeilt. Eigentlich passte ein VW Bus in das Parkhaus, aber eben nicht mit einem Gepäckträger auf dem Dach. Den hatte ich völlig vergessen. 

Nichts ging mehr. Jedenfalls nicht, ohne das Fahrzeug zu demolieren. Wir hatten nicht viel Zeit, verblüfft um den Bus herumzustehen, denn nun brach die Hölle los. Ein ohrenbetäubendes Hupkonzert malträtierte nicht nur unsere Ohren, sondern auch das Gemüt und meine Nerven. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich ein riesiger Rückstau gebildet. Also konnten wir auch nicht mehr zurück. Die hinter uns, hatten kein Verständnis für unsere Situation und ließen ihre Wut an ihren Hupen aus. Was sollten wir tun?

Einer der Fahrer erbarmte sich schließlich unser. Wahrscheinlich wollte er ebenfalls nur schnell ins Parkhaus. Das ging jedoch nur, wenn er das Hindernis, also uns, beseitigte. Reine Notwehr also. 

Es war ein Franzose. Komisch in Marseille, oder? Schlecht, denn ich verstand ihn nicht und er mich nicht. Mit fuchtelnden Händen und wilder Gebärdensprache, machte er mir klar, was nun notwendig war. Der rettende Gedanke, das einzige Mittel, um der Schmach und dem Lärm zu entkommen. Die Ventile an allen Reifen aufdrehen, um soviel Luft entweichen zu lassen, dass der Dachgepäckträger oben nicht mehr kratzte. Mit aller Inbrunst hoffte ich, dass wir nicht auf den Felgen weiter fahren mussten. Vor allem aber, dass es reichte, um überhaupt ins Parkhaus fahren zu können.

Millimeter für Millimeter ließen wir Luft ab. Wie bei einem U-Boot. Wir mussten ja bei allen vier Reifen die gleiche Luftmenge ablassen, um nicht wieder hängen zu bleiben.

Schließlich reichte es. Gerade so, um noch Luft im Reifen zu haben. Ich fuhr langsam rein und enterte den ersten freien Parkplatz, den meine ausgeschwärmten Jugendlichen gefunden hatten. Puh, geschafft!

„Das Abenteuer Marseille fängt ja gut an!“, dachte ich und wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht.

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Das verbotene Buch.

Mitte der sechziger Jahre, war ich Oberfeldwebel bei der Bundeswehr. Und, wie mehrfach schon geschrieben, Spieß einer Ausbildungskompanie.

Meine Rekruten waren also nur zur Ausbildung und 3 Monate bei uns. Dann wurden sie vom Bataillon angefordert und in andere Kompanien versetzt. Diese Kompanien suchten sich ihre Soldaten heraus. Meist schauten sie dabei nach den Berufen im Zivilleben.

Hatten wir selbst Bedarf, fischten wir uns die besten Soldaten, schon vor der Verteilung, aus dem vorhandenen Pool. Zum Beispiel für die Waffenkammer, die ungefähr 200 Waffen beherbergte. Diese mussten ständig gepflegt und gewartet werden. Überwacht durch laufende Kontrollen, standen wir ständig unter Druck, gute Leistung abzuliefern. Daher schien uns ein Ingenieur, von Mercedes-Benz, gerade recht für solch einen anspruchsvollen Job. Man gönnte sich ja sonst nichts.

So hatten wir im Stammpersonal meistens hervorragende Leute. Die Elite sozusagen. Die anderen Kompanien, mussten sich mit dem Rest zufrieden geben. So ist die Welt eben. Hart, aber ungerecht.

Mit diesen Soldaten, kamen wir bei Kontrollen, Inspektionen und sonstigen Überprüfungen immer sehr gut weg. Mein Chef, ein Hauptmann, war mehr als zufrieden mit mir, fiel doch diese Bestleistungen nicht nur auf ihn zurück. Ich war ebenso froh, weil es auch auf mich ein gutes Licht warf, da ich das organisierte.

Als Anerkennung meiner guten Leistungen, schlug mich mein Hauptmann daher bei der vorgesetzten Dienststelle, dem Bataillon, für eine besondere Auszeichnung vor. Eine formelle Anerkennung, so nannte sich das. Außer einem positiven Eintrag im Personalregister, wurde diese Belobigung, vor der angetretenen Kompanie verlesen. Das war schon was. Zudem gab es als Präsent ein Buch, das bei dieser Zeremonie übergeben wurde. Das wichtigste, aber waren drei Tage Sonderurlaub, die eine solche Auszeichnung einbrachte. Ein Häppchen persönliche Freiheit, nach dem ich, wie ein Fisch im Wasser, gerne schnappte.

Da mir das Geschäftszimmer, mit 3 Schreibkräften und einem Unteroffizier unterstand, erfuhr ich natürlich vom Schriftverkehr, der zwischen meinem Kompaniechef und dem Bataillonskommandeur geführt wurde. Es sollte selbstverständlich geheim bleiben. Was hatten sich meine Chefs eigentlich dabei gedacht? Es musste denen doch klar gewesen sein, dass mir das zu Ohren kommen würde. Schließlich waren das meine Leute in der Schreibstube. Diese hatten es mir postwendend zugeflüstert. Absolut vertraulich natürlich. Daher freute mich schon unbändig darauf, vor allem auf den zusätzlichen Urlaub.

Mein Chef fragte mich, ohne zu verraten wofür, was für ein Buch ich mir gerne anschaffen wollte oder vielleicht bald kaufen würde. Innerlich schmunzelte ich über das pfiffige Gesicht, das er dabei machte.

In den Buchhandlungen, wurde gerade ein Knüller beworben, der mich sehr interessierte. „Rettet die Bundeswehr“, von einem Herrn Studnitz geschrieben. In verschiedenen Kapiteln, belichtete dieser die Bundeswehr aus einer ganz anderen Sicht. Das fand ich spannend. Das wollte ich haben.

Mein Chef gab diese Info direkt ans Bataillon weiter. Zufrieden mit sich, dass er seinen Teil des Auftrages abgearbeitet hatte. Das Buch wurde angeschafft und dem Bataillonskommandeur zur Unterschrift vorgelegt.

Wenige Tage danach, wurde mein Chef zum Batallionskomandeur zitiert. Über den Flurfunk hörte ich auch bald warum.

Dieses Buch sei ja ungeheuerlich. Wehrkraft zersetzend. Nestbeschmutzung. So einen Schund, würde nicht mit Geld der Bundeswehr gekauft und er würde schon gar nicht darin seine Unterschrift setzen. Was er sich denn dabei gedacht hätte, wurde mein Chef angebrüllt. „Besorgen sie sofort ein anderes Buch!“

Offen sagen, wollte es mir mein Chef nicht, als er, wie ein begossener Pudel, bei mir antrabte. Also druckste er herum. Heraus musste es ja irgendwann einmal. Ich wusste bereits, was geschehen war.

Mir war dieses Spiel einfach zu blöd. Ich weigerte mich einen anderen Titel zum Besten zu geben. Ich wollte dieses Buch, oder keines. Da konnte ich stur sein. Wie ein Panzer. Wenn die Bundeswehr so etwas nicht verkraftet, dann taugt sie nichts, dachte ich bei mir. Ich kochte vor Wut. Da hätten sie mir ja gleich eine Liebesschnulze kaufen und ohne zu fragen überreichen können. Aber erst fragen und dann verweigern, das ging gar nicht.

Natürlich war mir klar, dass ich keine Anerkennung bekommen würde, wenn ich nicht ein anderes Buch nannte. Aber das war mir egal. Mein Chef wollte mir die Anerkennung unbedingt verleihen. Aber er wollte auch sein Gesicht nicht verlieren. Wie stand er denn da, wenn die öffentliche Anerkennung, die er vorgeschlagen hatte, ausfiel. Daher wirkte er mehrere Tage auf mich ein.

Vergebens. Lieber verzichtete ich auf die Auszeichnung. Wenn man mir nicht zutraute, dass ich ein sozialkritisches Buch wertneutral lesen konnte, dann machte das alles keinen Sinn, dachte ich. Und, so kam es, wie es kommen musste, die Auszeichnung fiel aus.

Leider auch die drei Tage Sonderurlaub, die ich in Gedanken schon verplant hatte. Das schmerzte mich am meisten. 

Als ich hörte, ich kann das Buch bekommen, wenn ich es aus der eigenen Tasche bezahle, habe ich es beim Bataillon geholt und bezahlt. Nicht nur, weil es mich wirklich interessierte. Sondern auch aus Zorn und Trotz.

Witziger Weise befand sich die Widmung des Kommandeur unseres Bataillons doch im Buch. Jedoch ohne Unterschrift.