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Mit Blaulicht durch Paris

Hat jemand das große Glück das achtzigste Lebensjahr zu erreichen, dann bekommt er vielleicht auch etwas geschenkt. So erging es mir, doch Corona verhinderte, dass ich es annehmen konnte.

Meine Tochterfamilie und das englische befreundete Paar schenkten mir 3 Tage Paris mit TVG von Mannheim nach Paris, Hotel, Essen im Le Gallier, ein ungewöhnliches Restaurant in dem ich schon 2 mal das Glück hatte essen zu dürfen – einmal mit meinen Schutzhilfejugendlichen, was ein besonderes Erlebnis war. Alles war gebucht und reserviert.

Dieses Jahr war die Zeit gekommen, alles nachzuholen was wir durch Corona vermasselt bekamen. TVG ging nicht, die Abfahrzeiten waren mit unseren Plänen nicht vereinbar. Der ICE fuhr aber auch schnell genug. Hotel, den Nachmittag noch nutzen und ab nach Montmartre.

Der Fußweg dazu brachte den ersten Schock, ich fing an zu hinken. Den Krampf, in der rechten Wade, wollten wir mit Salbe und Tabletten aus der Apotheke bekämpfen. Das Schicksal wollte es anders. Vor Sacre Coeur der Super Gau: Ich konnte keinen Schritt mehr laufen. Schmerzen ohne Ende.

Die Mannschaft sollte sich nicht mit mit mir, als Klotz am Bein fühlen und bei ihnen ging es weiter im Programm. Erstmals ein Bier am Café, mit Blick auf die Endstation meines Paris Traums. Taxi, Hotel, Schmerzen und Bett war alles was danach folgte.

Nach langen Beratungen und einigen Telefonaten aller Beteiligten, unter Hinzuziehung des Hotelportiers, wurde der Krankenwagen gerufen. Der ADAC hielt nicht viel von meiner Goldkarte und beteuerte er sei kein „HEIMHOLDIENST“.

Zwei Pfleger und ein Krankenwagen, in den ich erst kam, nachdem 132 Euro in bar den Besitzer wechselte. Meine Trage passte gerade so in das Rettungsfahrzeug, indem links und rechts Regale vollgepackt waren mit allerlei Dingen. Mein Schwiegersohn durfte mitfahren. Er konnte sich sogar anschnallen. Ich als Patient, den es zu retten galt, hatte diese Möglichkeit nicht. Seltsam.

Mit Blaulicht mitten durch Paris, direkt in die Notaufnahme, wie geil ist denn sowas? Da war vielleicht etwas los, kaum zu glauben. Am tollsten fand ich 3 schwer bewaffnete Polizisten, die einen mit Handschellen gefesselten Mann in Schach hielten. Der Typ beschäftigte die Streitmacht von Ordnungshütern gewaltig. Die meisten der wartenden Leute, wie auch ich, lagen schon auf schiebbaren Tragen, teilweise mit Decken zugedeckt. Wer weiß, wie lange die schon dalagen. Neben mir hing ein Bein mit Schuh und Strumpf heraus. Oh je ein Toter so dicht neben mir? Der Gefesselte musste zur Untersuchung, Blutabnahme, oder wer weiß was. Ob er wollte oder nicht, sie schleppten ihn in ein Behandlungszimmer.

Unsere Sanitäter verhandelten mit einem Arzt und erreichten, dass wir  sofort dran kamen, vor allen anderen „Wartenden“. Ich litt höllische Schmerzen und hatte daher nichts dagegen. Beim Aufnahmearzt durfte mein Schwiegersohn zum Dolmetschen mit rein. Er spricht gut englisch, der Arzt gleichfalls. Wegen Corona ging es für ihn nicht weiter. Mit der jungen Ärztin, die mich in Empfang nahm, ging es mit den Handys als Übersetzer weiter, auch mit den 4 Krankenschwestern. Eine halbe Stunde später, wurde eine Dolmetscherin telefonisch zugeschaltet. Das hatten sie wohl auch nicht alle Tage.

Nach langen Stunden, die Diagnose: „Thrombose“.  Bauchspritzen und in Deutschland Fortsetzung der begonnenen  Behandlung.

Zwei grundsätzliche Fehlannahmen hätten beinahe verhindert, dass ich das hier schreibe. Erstens nahm man an, dass ich am nächsten Tag, nach den Spritzen in Deutschland im Krankenhaus weiter behandelt werde. Was aber anders war, denn ich lag mit irrsinnigen Schmerzen zwei Tage im Hotel. Die zweite falsche Annahme war, dass es sich nur um eine Thrombose handelte. Was jedoch fast tödlich für mich war, war der fehlende Gerinnungsstoff in meinem Blut, den die Franzosen wohl nicht besonders kritisch angesehen hatten.

Mit Schmerzen, der Unterstützung meiner Tochter und ihrem Mann, mit Taxi und ICE am späten Freitag in Mannheim angekommen. Der Hausarzt nahm uns noch an und stellte nach 10 Minuten mit Ultraschall und Blutuntersuchung zweierlei fest:  Die Thrombose war ein Aneurysma im Knie und meinem Blut fehlte der Gerinnungsstoff. Dieser lag bei Null und ich wäre bei der kleinsten Verletzung verblutet. Am nächsten Tag hätte ich nicht mehr zu ihm kommen können, da Tote keinen Arzt mehr brauchen.

Die Notaufnahme im Diakonissenkrankenhaus bestätigte den Arzt und brachte den Gerinnung Stoff in meinen Blutkreislauf. Ich war gerettet, in letzter Minute.

Im Theresien Krankenhaus kam am nächsten Tag der nächste Schock, nachdem der Arzt mir eröffnete, dass die Operation im schlimmsten Fall damit enden könnte, dass sie mir das Bein abnehmen müssen.

Erfreulicherweise, kann ich alle Leser beruhigen, dass das nicht nötig wurde. Die OP, obwohl es furchtbar aussah, ist sehr gut gelungen und ich bin auf dem besten Weg, die nächste Zeit, auch ohne Rollator, zu verbringen,

 

 

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