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Überraschung im Zimmertheater

Letztes Jahr traf ich mich mit Rolf Schüler-Brandenburger, einem guten Freund aus meiner aktiven Berufszeit in Speyer. Er war als Heimleiter einmal ein Geschäftspartner und ein anderes Mal ein Freund mit dem man in Speyer zu Mittag aß. Wir tauschten uns aus was wir nach der Pensionierung bis zum Tage des Treffens so alles erlebt hatten. Er erzählte mir, dass er sich als Schauspieler in einem kleineren Theater in Speyer engagieren würde. Ich dagegen berichtete ihm von meinem Buch: „Tinas Tagebuch“, meiner Homepage: „manfredsiebler.com“ und dass bald ein weiteres Buch von mir veröffentlicht wird. „Gib mir Schutz“ lautet der Titel.

Mit meiner Enkeltochter Monique besuchte ich dann in der Heiliggeistkirche in Speyer das Drama „Endgeil“ wo wir besagten Rolf in seiner Rolle als Schauspieler bewundern konnten. Wir waren beide begeistert von der Aufführung.

Als ich dann mit bekam, dass ein weiteres Stück, in dem Rolf eine tragende Rolle spielt, nach vier Jahren ausläuft, machte ich mich auf ins Zimmertheater, um auch das Stück „Dienstags bei Morrie“ zu erleben.

Da saß ich nun, in der zweiten Reihe in der Heiliggeistkirche und harrte auf der Dinge, die da kommen sollten. Die Bühne noch leer, Gemurmel in der nach Corona-Regeln voll besetzten Kirche. Da wurden meine Gedanken von einem Gespräch hinter mir unterbrochen. Eine Reihe hinter mir, so dass ich zwangsweise mit hören musste.

„Ja, der Manfred Siebler. Der hat ja ein Buch veröffentlich….“, glaubte ich zu hören. Was für ein Schwachsinn, das bildete ich mir doch nur ein, oder? Wer sollte sich denn in einem Speyrer Theater über mein Buch unterhalten? Verrückt, was sich da meine Gedankenwelt ausdachte. Aber weil sich das weitere Gespräch immer noch um mein Buch „Tinas Tagebuch“ drehte, bog ich, neugierig geworden, etwas meinen Kopf zur Seite, um zu sehen wer da saß.

Es waren drei Personen, älteren Datums und was ich sah ließ mich dann ganz umdrehen. Der eine Mann kam mir gleich bekannt vor. Das Paar daneben irgendwie auch, aber es musste schon einige Jahre her sein, dass wir etwas miteinander zu schaffen gehabt hatten. Der Wortführer der Dreiergruppe hatte mich wohl sofort erkannt und gab seinem Erstaunen Ausdruck. Er konnte es kaum glauben, dass dieser „Buchschreiber“, um den es gerade ging direkt vor ihnen saß. Bei beim nun folgenden Wortwechsel dämmerte mir immer mehr, dass es sich um Martin, einem früheren Sozialarbeiterkollegen aus dem Kreis Jugendamt in Ludwigshafen handelte.

Nein, dass konnte es doch gar nicht geben, so ein Zufall, ein Zusammentreffen nach zwei Jahrzehnten. Die beiden anderen Theaterbesucher konnte ich während des Gesprächs in der Kürze nicht identifizieren und wie sich später herausstellte waren es zwei ehemalige Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe in Schifferstadt, mit denen die Schutzhilfe eine enge Zusammenarbeit pflegten.

Nach dem tollen Stück, in dem Rolf Schüler-Brandenburger wieder einmal glänzte, unterhielten wir uns angeregt, während wir auf unseren Schauspieler warteten. Ich freue mich noch heute, über dieses völlig unerwartete Zusammentreffen und wundere mich, wie klein doch diese Welt ist.

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Paris wir kommen

Wir waren im Sitzungssaal des Kreis Jugendamtes versammelt. Eine Erziehungskonferenz, in der fachübergreifend über Probleme gesprochen wurde. Wieder einmal. „Wir“ waren die Sozialarbeiter des Jugendamtes. Es ging um dies und das. Dieses Mal auch um zwei Beförderungen. Ein Sozialarbeiter vom Pflegedienst und ich von der Schutzhilfe wurden zum Oberinspektor ernannt. Jetzt waren wir sowas wie der Oberinspektor Derrick von der damals weit bekannten Krimiserie. Vor allem aber bekamen wir ein höheres Gehalt.

Darauf musste natürlich angestoßen werden. Der anschließende Sektumtrunk beflügelte unsere Stimmung. Der beförderte Kollege bat plötzlich um Gehör, es wurde still und alle spitzten die Ohren. Was wurde da verkündet?

„Alle herhören! Wie ihr wisst, sind wir mit dem Pflegekinderdienst und den Pflegeeltern mit ihren Kinder in Tirol. So wie jedes Jahr. Weil ich heute befördert worden bin und mich freue wie Bolle, lade ich dort alle, die das auf sich nehmen wollen, zu einem tollen Essen in einem hervorragenden Restaurant ein. Natürlich auf meine Kosten. Bin gespannt, ob sich jemand von euch aufmacht und mit mir dort feiern möchte.“, sagte er und sonnte sich darin, wie alle Kollegen und Kolleginnen dies mit Klatschen honorierten.

Das konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen. Der Sekt, die euphorische Stimmung, waren eine gefährliche Mischung und so stand auch ich auf.

„Ja, und wer dann noch nicht genug hat vom kollegialen Zusammensein, der kann sich aufmachen und auf meine Kosten in den Sommerferien in Paris dasselbe erleben. Wir sind mit der Schutzhilfe dort. Ein Zwischenstopp auf der Fahrt nach La Rochelle.“, verkündete ich.

Hatte ich das jetzt wirklich gesagt? Oder träumte ich? Was hatte mich da geritten?

Meine Euphorie dauerte nicht allzu lange. Schon bald kam Ernüchterung und die ersten Bedenken. Diese schob ich jedoch konsequent zu Seite.

Mal ehrlich, wer sollte schon wegen einem Essen und sei es noch so toll, extra nach Paris fahren? So verrückt war hier doch niemand. Meinem Kollegen wird es in Tirol nicht anders gehen. So kann man sich beliebt machen und es kostete noch nicht einmal was.

Aus den Augen, aus dem Sinn. Der Spruch traf in jedem Fall auf mich zu. Ich hatte das Ganze schnell verdrängt. Was sind schon Worte. Der Alltag in der Schutzhilfe hatte mich fest im Griff.

Das Erste, was mich erstaunte war, dass mein Chef darauf bestand die 2 Tage in Paris mit der Schutzhilfe verbringen wollte. Na ja dachte ich mir, er ist ja immerhin der Jugendamtsleiter und als solcher sehr an solchen Aktivitäten interessiert. Er war auch schon bei einer Freizeit der Schutzhilfe in Korsika m it dabei. Sogar bei der ersten Freizeit der Schutzhilfe, in St. Maris-de-la-Mer, war er dabei. Also nichts Ungewöhnliches.

Mit zwei VW-Bussen der Kreisverwaltung ging es ab nach Paris. In einem Vorort hatten wir einen Campingplatz reserviert, der in unmittelbarer Nähe einer U-Bahn lag. Nach Aufbau der beiden Zelte, ging es mit der Bahn in die City. Alle waren mit dabei. Die Kathedrale Notre Damewar ein Ziel, dass meinem Kollegen besonders am Herzen zu liegen schien, kamen wir doch kaum davon los. Mein Chef hielt uns auch sehr auf. Das kam mir langsam spanisch vor. Wir waren alle ziemlich geschafft, hatten wir doch schon alles hinter uns. Den Eifelturm, die Sacre‘-Cour, den Montmartre, den Arc de Triomphe und die Champs-Elysees. Daher bestand ich darauf, dass wir einen Kaffee, oder eine Cola trinken sollten. Auch wenn es sicher nicht billig war. Doch fertig wie ich war, ging nichts mehr.

Wir kehrten in ein Café ein, das sich schlauchartig in die Länge zog. Alles egal, die Hauptsache ich konnte mich etwas erholen. Der Eingang lag in meiner Blickrichtung, daher bemerkte ich, dass mein Kollege mehrmals nach draußen ging. Das war seltsam, aber mein Chef und die ganze Rasselbande beschäftigten mich derart, dass ich keinen weiteren Gedanken daran verschwendete.

Der Kaffee tat richtig gut, das Wasser dazu war erlabend. Ich lebte wieder auf. Mein Blick zum Eingang war ein wenig getrübt, aber plötzlich, als würde die Linse scharf gestellt, denn was ich da sah irritierte mich kolossal, kam doch tatsächlich das halbe Jugendamt auf mich zu. Lachend, winkend und ausgelassen, dass alle Gäste des Lokales in ihre Richtung sahen. Was war das denn? Ein Traum?

Wie ein Blitz durchzuckte mich der Gedanke, dass diese gekommen waren wegen des Einlösens meines längst vergessenen Versprechens. Ein fürstliches Essen mitten in Paris, um meine Beförderung zu feiern. Was war ich doch für ein Depp! Das hätte ich mir doch denken können. Und – was jetzt?

Nach der Begrüßungseuphorie stellte sich heraus, dass mein Kollege, in Zusammenarbeit mit dem Chef, hinter dieser Überraschung steckten. Sie hatten die Planung übernommen. Alles generalsstabsmäßig ausgeheckt, wie die Besucher auf mich treffen konnten. Zusammen mit dem Freund einer meiner Jugendlichen, der auch auf dieser Freizeit der Schutzhilfe dabei war und auf dem Campingplatz die Aufsicht für die Stunden unseres Essen übernahm. Er war Mitte 20 und in der Ausbildung zum Meister unterwegs, sodass es schon zu verantworten war.

So lief es dann auch ab, wir waren unter uns, die Jugendamtsmitarbeiter, der Chef und ich. Die Planung sah vor von der Insel, auf der die Kathedrale Notre-Dame stand, über eine kleine Brück in ein Sträßchen zu gehen, in dem wir nach kurzer Zeit den unscheinbaren Eingang zu dem bekannten und angesagten Restaurant „Der Gallier“fanden.

Erst ging es im Erdgeschoss an einem Buffet vorbei, wo allerlei zu bestaunen war in seiner Vielfalt. Hier wurden den Gästen Leckereien in rauen Mengen und verschiedener Ausgestaltung dargeboten. Man bekam schon vom Betrachten Appetit ohne Ende. Mehrere Fässer folgten, an denen sich mehrere Besucher mit irdenen Krügen zu schaffen machten. Alles wirkte sehr rustikal und urwüchsig.

Im Untergeschoß war ein Tisch für uns reserviert. Es ging los. Die als Gallier  kostümierten Kellner brachten 3 Körbe mit frischem Gemüse. Baguett, Butter, gekochte Eier, Radieschen, Rettig, usw. Als Vorspeise. Beim Hauptgericht konnte man wählen. Ich hatte mich für Lammkoteletts mit Beilagen entschieden. Als Nachtisch gab’s Käseplatte. Wein floss ich Strömen. Dazu musste immer abwechselnd ein Anderer mit leerem Krug nach oben gehen und an den Fässern nachfüllen. Das war eine Gaudi.

Die Stimmung war bombastisch und gipfelte im Singen der Internationalen. Schon interessant bei einer Kreisverwaltung, die von einem schwarzen Landrat und schwarzen Mehrheit im Kreistag dominiert wurde. Ernüchtert zahlte ich die über 1.500 französische Franc mit zwei Euroschecks. Laut singend verließen wir den Gourmettempel.

Gelernt hatte ich daraus, dass es durchaus von Vorteil ist zuerst zu überlegen, bevor man etwas von sich gibt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Hilfe, die Termiten kommen.

Als ich Spieß der Kompanie war, hatte ich viele Möglichkeiten, die nicht immer zielfördernd waren. Eine davon möchte ich spaßhalber hier erzählen.

Jede Kompanie hatte einen Aufenthaltsraum, der für verschiedene Möglichkeiten genutzt werden konnte. Was alle diese Räume gemeinsam hatten war ihre nüchterne, kalte Ausgestaltung. Einfache, schmucklose Tische, Stühle, vielleicht eine Großmuttercouch. Einziges Zugeständnis an die Gestaltung waren ein Bild oder irgendwelche Ehrenurkunden.

Dies wollte ich ändern und ließ mir etwas, meiner Ansicht nach, wirklich Phänomenales einfallen. Ein Terrarium für Krabbeltiere. Nach meinen Vorstellungen aus V-Eisenteilen zusammengeschweißt, Glas eingesetzt und nach oben mit engmaschigen Drahtgeflecht abgegrenzt. Nach unten und oben konisch zulaufende Behälter, die verbunden waren mit einem rechteckigem Verbindungsteil.

In diesem Ungetüm wollte ich ein kleines Ameisenvolk aus dem nächsten Wald ansiedeln und entsprechend versorgen. Zwei Infrarotlampen sollten Tageslicht, aber auch Wärme erzeugen.

In Gedanken sah ich mich und meine Soldaten die Ameisen beobachten, wie sie so lebten, Eier legten, die geschlüpften Jungameisen dann aufgezogen wurden. Sicherlich ein Projekt, dass alle Besucher anzog, begeistern würde und endlich einmal einen Aufenthaltsraum lebendiger gestaltete.

Die Arbeiten an dem Zukunftsprojekt zogen sich dahin. Die zwei Soldaten, die sich für dieses Wunderwerk meldeten, bekamen jeweils 2 Tage Sonderurlaub, wenn sie nach Hause mussten, um Material oder Werkzeuge zu beschaffen. Das sollte Motivation genug sein.

Jeden Tag besichtigte ich den Fortgang, auch wenn es nichts zu besichtigen gab, ich sah mich schon am Ziel meiner Phantasie.

Da kam jedoch überraschend der Bataillonskommandeur mit seinem Stab zu irgendeiner Besprechung. Weitere Kompaniechefs in seinem Gepäck. Warum die ausgerechnet in unserem Aufenthaltsraum tagen wollten, war mir schleierhaft, gab es doch beim Bataillon entsprecht ausgerüstete und viel bessere Räume hierfür.

Mein Erstaunen war grenzenlos, als mich der Herr Oberstleutnant rufen ließ. Ich sollte sofort im Aufenthaltsraum „antanzen“, so ein Ordonanzoffizier. Uniformjacke an, Mütze auf und aufgeregt „tanzte“ ich an.

„Hauptfeldwebel Siebler meldet sich, wie befohlen!“, so meine Meldung an den Kommandeur. Ich wollte eigentlich gleich nach dem Gruß mit der Hand in die „rührt euch Stellung“ gehen, doch dazu kam keine Freigabe, also blieb ich in der Habachtstellung.

„Was sind sie für ein Spieß?“, raunzte er mich an. „Was geht bei Ihnen im Kopf herum?“ Aha, das wird ein Anschiss dachte ich still ergeben.

„Das Zeug hier…“, abfällig deutete er auf das fast fertige Eisengestell des Terrariums hin, das in der Ecke des Aufenthaltsraumes thronte. „Das verschwindet sofort und kommt mir nicht mehr vor die Augen!“

„Was haben Sie sich denn dabei gedacht Herr Hauptfeldwebel? Ist ihnen nicht klar, was damit alles passieren kann, wenn die Biester ausbrechen? Ich komme aus Ostpreußen und dort haben Termiten ganze Häuser zum Einsturz gebracht. Dafür zahlt keine Versicherung.“

Immer noch stramm stehend, wurde ich von allen anwesenden Offizieren interessiert begutachtet. Ich wollte dem Herrn Oberstleutnant in Ruhe erklären, dass Waldameisen keine Termiten sind, aber das hatte mein Vorgesetzter wohl bemerkt und schrie mich cholerisch an: „Lassen Sie es ja sein! Das Zeug verschwindet. Sofort! Sie auch! Verschwinden Sie aus meinen Augen.“

Total verdattert und mit hochrotem Kopf grüßte ich, machte eine Kehrtwendung und nichts wie weg aus der Hölle mit dem Teufel, der mich vor allen so zur Schnecke gemacht hatte.

Später kam mein Kompaniechef von der Besprechung mit dem Bataillonskommandeur zurück und tröstete mich, der „Alte“ habe eben seine Mucken und ich sollte das „Zeug“ eben entsorgen. Er hätte nichts dagegen gehabt, sonst hätte er es schon längst verboten.

Dass sein Chef Ameisen und Termiten nicht auseinanderhalten konnte und da eine Phobie dagegen habe, hätte er nicht gewusst. Aber, so wie er mich kenne, fiele mir sicher wieder etwas ein. „Also Kopf hoch Spieß.“, sagte er.